Jeder Garten hat seine Historie. Die
sollte man kennen, entweder um sich vor Schaden zu bewahren oder um
nicht bei den Altvorderen ständig von einem ins nächste
Fettnäpfchen (was sage ich, das sind dann schon mehr Fettschüsseln)
zu stolpern. Das ist auch bei diesem Garten nicht anders. Wobei
zumindest die Historie sehr interessant ist.
Der Urknall dieses Gartenuniversums
liegt in den späten zwanziger Jahren des 20.JH, in der Zeit der
großen Weltwirtschaftskrise und der Zeit der Sinnsuche nach neuen
besseren Gesellschaftsformen (alternativ war damals wohl noch keine
gängige Vokabel). Viele der damals entstehenden Ideen und Ideale
sind heute längst vergessen.
Da gab es in Berlin-Kreuzberg einen
jungen unzufriedenen Schlosser, arbeitslos und eben auf der oben
beschriebenen Suche. Und dann bot sich ihm genau die gesuchte Vision
in Form der Anarcho-Syndikalisten. Ich will jetzt meine lieben Leser
nicht mit weltanschaulichen Dingen quälen, nur soviel: Die
Anarcho-Syndikalisten lehnten jegliche staatliche Lenkung und
Bevormundung ab und setzten auf Genossenschaften und das Leben in
kleinen Gemeinschaften, die sich völlig autark versorgen, also Leben
auf dem Lande mit allem, was dazu gehört. So einer war der
Großvater meiner Frau.
Er erstand gemeinsam mit seiner Frau
Grund und Boden am Rande von Berlin, fast 3500 Quadratmeter, und
begann sich hier seinen ganz persönlichen Traum zu erfüllen.
Zuerst entstand ein Holzhäuschen, mehr
eine Holzhütte, und dann so nach und nach der darum liegende Garten.
Der war natürlich, schon bedingt durch die wirtschaftliche
Situation, ausschließlich ein Nutzgarten.
Außerdem wurden die
Anarcho-Syndikalisten durch die Nationalsozialisten den Kommunisten
zugerechnet. Dabei hatten beide kaum Berührungspunkte und Sympathien
füreinander, aber den Nazis war's egal. Der Opa hat die meiste Zeit
des dritten Reiches im KZ bzw. im Strafbataillon der Wehrmacht
verbracht.
Als dann die Russen den Osten
Deutschlands befreiten, war das natürlich sehr vorteilhaft, da hieß
es „...du Kommunist, dann du ab jetzt Schuldirektor...“.
Zurück zum Garten. Aus der allerersten
Zeit stehen noch einige Dinge, als da wären das Holzhäuschen,
genannt 'die Bude', heute genutzt als Brennholzaufbewahrungsstätte
und Marderunterschlupf.
Weiterhin gibt es diverse Obstbäume, fürchterliche Ruinen, aber heilig, Pflaumenbäume, die kaum noch Blätter geschweige denn Pflaumen tragen. Und nicht zu vergessen, diverse Schuppen, in denen die Wände, Böden und Dächer gerissen sind und eben, da sie nie rechtzeitig repariert wurden, nur noch Schandflecken sind.
Um das Holzhaus ist es echt schade, aber alles andere müsste möglichst schnell weg.
Weiterhin gibt es diverse Obstbäume, fürchterliche Ruinen, aber heilig, Pflaumenbäume, die kaum noch Blätter geschweige denn Pflaumen tragen. Und nicht zu vergessen, diverse Schuppen, in denen die Wände, Böden und Dächer gerissen sind und eben, da sie nie rechtzeitig repariert wurden, nur noch Schandflecken sind.
Um das Holzhaus ist es echt schade, aber alles andere müsste möglichst schnell weg.
GEHT ABER NICHT! Ist heilig.
Das ist eine schwierige Situation, noch
dazu, weil die Liste der Heiligtümer flexibel ist.
Was das ganze besonders erschwert, ist
die Tatsache, dass es keine klaren Abgrenzungen gibt und auch nicht
geben kann, weil überall eines dieser „Bauwerke“ oder
Obstbaumruinen steht.
Die breiten Randstreifen,
die wir jetzt urbar gemacht haben, waren Brachland, das für
Gartenabfall-Entsorgung genutzt wurde. Dafür gab es einen
Verwandten, der es manchmal in sich spürte, eine große Abfallgrube
(3x3 Meter) zu graben, das Ganze zwei Meter tief,die dann ein Jahr
lang alle Abfälle wie Unkraut und Asche aufnahm. Das war für den
Boden durchaus nachteilig, denn der besteht hier wirklich aus
märkischem Sand. Wenn dieser Sand noch obendrauf zu liegen kommt,
ist die Katze zwar glücklich, weil sie eine gigantische
Freilufttoilette hat mit feinstem Sand, aber für irgendwelche
Gartenkulturen eher abträglich. Darum jedes Jahr die große
Pferdemist-Orgie. Und so ganz allmählich zeigen sich erste Erfolge.
Ein weiterer Knüller, den
ich bis dato nicht kannte, sind die sogenannten Steinegräber. Wer
jetzt irgendwas mythisches denkt, liegt daneben. Das sind einfach
Stellen, an denen die gesammelten Steine, die auf den bearbeiteten
Flächen en masse zutage traten und treten, abgeworfen wurden.
Ziemlich planlos das ganze, und deshalb auch schwer vorhersehbar.
Stößt man auf eine solche Stelle, ist guter Rat teuer. Meistens
wird dann ein neues Steinegrab noch weiter am Rand angelegt. Oder man
macht sich die Mühe und sammelt alle Steine ein und entdeckt die
Liebe zu einem Steingartenbeet und eventuell auch noch einer
Trockenmauer...
Auch das ein Projekt,
welches in diesem Jahr Gestalt annehmen soll. Bisher wachsen die
Pflanzen noch in den hässlichen Betonsteinen aus dem Baumarkt. Und
das ist ihnen und ihrer weiten Reise gar nicht angemessen, denn ein
Teil kommt aus Ungarn vom Plattensee und der Rest von der schönen
Insel La Palma. Die hat mir mein lieber Wollfrosch voriges Jahr
mitgebracht.
Aber dazu vielleicht mal
demnächst mehr.
Bisher klang es so, als
wenn dieser Garten eine einzige Katastrophe ist. Ist er nicht, ganz
im Gegenteil. Wer hat schon soviel Platz, um sich auszutoben (richtiger sollte es heute heißen – sich zu verwirklichen), sich
selbst mit Obst und Gemüse zu versorgen und sich schöne Ecken und
Plätze zu schaffen.
Dazu kommt, dass dieser
Garten viele Eckchen hat, in denen die Natur nach wie vor absolute
Priorität hat. Da gibt es Walderdbeeren und bei den Blumen
Himmelsschlüsselchen, die völlig unerwartet jedes Jahr an anderen
Stellen auftauchen. Und es gibt eine große Ecke mit Waldmeister, die
uns jedes Jahr einmal dazu verleitet, Maibowle mit frischem
Waldmeister zu machen.
Jeder wird beim Lesen
gemerkt haben, dass viele interessante Themen nur angekratzt wurden.
Ich werde auf jeden Fall der „Bude“ noch einen ausführlichen
Beitrag widmen, denn deren Geschichte ist wirklich spannend und einer intensiven
Vorstellung wert.
So, aber nun soll es endlich
genug sein
der Spatenpauli
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen